Eigentlich fühlte ich mich heute noch total schlapp, und das Wetter war mit 20 Grad ganz schön warm. Trotzdem habe ich mich aufgerafft, Cera zu reiten. Sie hat schon ein so dichtes Fell, dass sie schon in der Box zu schwitzen anfängt.
Wir hatten einen gemütlichen Ritt auf dem neu hergerichteten Reitplatz – ein wirklicher Genuss. Wie gesagt, sehr kraftvoll konnte ich nicht reiten, mir nur Mühe geben, das Pferd nicht zu stören – und Cera machte fantastisch mit.
Das sollte mir zu denken geben… Offenbar ist weniger oft mehr…
Kadenztrab, abgewechselt mit normalem Trab und Galopp-Reprisen, etwas Schulterherein im Galopp und sogar der zaghafte Versuch von ein paar Galoppsprüngen im Travers – Cera war einfach toll bei der Sache. Trabvolten nach links und rechts, abgewechselt mit Galopp-Volten links und rechts – Ich habe nach 20 Minuten aufgehört, es hätte nicht besser werden können.
Woran ich zurzeit am intensivsten arbeite: Konzentriert beim Reiten zu bleiben, meine Gedanken auf die Lektion zu fokussieren, die ich gerade reiten will. Das fällt mir oft schwer. Zu leicht lasse ich mich von äußeren Einflüssen, von Menschen und den anderen Tieren ablenken. Aber: Es gelingt immer öfter und immer länger.
Ich versuche, Cera ein Bild “zu schicken”, wie es aussehen soll. Ich habe schon mehrfach gelesen, dass Tiere – auch Pferde – in Bildern denken. Warum sollte es mir also nicht möglich sein, mir vorzustellen, wie ein guter, schwungvoller Trab mit Cera aussieht, und Cera das Bild aufnimmt und kopiert?
Heute jedenfalls hatte ich den Eindruck, dass wir dem Ziel schon sehr nahe gekommen sind. Es macht mich ganz aufgeregt, wenn ich mir vorstelle, dass das klappen kann. Welche Möglichkeiten der Kommunikation beim Reiten sind dann plötzlich offen?
Diese Philosophie versuche ich auch, meinen Reitschülern nahezubringen. Und ich kann stolz sagen, dass sie mich verstehen, dass sie wissen, was ich meine. Wenn es nicht gleich auf Anhieb klappt, liegt es nur am Zusammenspiel von Körper und Geist. Nicht immer wollen Arme und Beine und Rücken so, wie der Reiter. Alle können meine Pferde allein durch schweres Ausatmen anhalten!
Hätte mir das jemand vor zehn Jahren erzählt, ich hätte ihn ausgelacht. Wie schön, dass man nie aufhört zu lernen…