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Gut geführt ist halb gewonnen

2. Apr. 2009 | Ausbildung

Das Führtraining mit Donovan geht weiter. Heute benutze ich wieder die Parelli-Ausrüstung, allerdings mit einer weißen Dressurgerte, damit er sie gut sehen kann. Er kommt willig in die Halle mit – ein bisschen träge, aber willig.

In der Halle gehe ich in größerem Abstand zur Bande, linke Hand. Wie gestern. Bei jedem kleinen Zögern zeige ich mit der Gerte auf seinen Hintern. Das bringt ihn gleich nach vorne. Also schon deutlich besser, als gestern. Allerdings muss ich die Gerte mit der rechten Hand halten. Ich kann noch immer nicht mit der linken Hand hinter mich reichen, um ihn anzutreiben. Da muss er irgendein schlechtes Erlebnis mit verbinden, oder es bedroht ihn irgendwie.

Schließlich kann ich sogar direkt an der Bande gehen. Er bleibt neben mir, Kopf eine Idee vor meiner Schulter. Das ist gut. Somit komme ich neben seine Schulter. Ich lobe ihn ganz arg, streichle ihn während wir gehen.

Zwischendurch heißt es immer wieder „Haaaaalt“. Denn gerade das Antreten und Mitkommen ist ja die Schwierigkeit. Nach zwei Runden wechsle ich wieder die Hand. Auch hier geht es mit Hochhalten der Gerte. Ich muss ihn nicht mehr auf der Kruppe berühren, es genügt das Zeigen. Allerdings auch nur mit der linken Hand.

Dann probiere ich wieder, ihn im Kreis um mich herumgehen zu lassen. Das macht er artig, auch im Trab, hält aber nach einer Runde von selbst an und will sich umdrehen. Das lasse ich nicht zu, zeige wieder in die „richtige“ Richtung, unterstütze mit dem weißen Stöckchen. Ich passe auf, dass er viel Raum zum Losmarschieren bekommt. Kein Einengen zur Bande hin oder in der Ecke.

Überhaupt habe ich mir vorgenommen, es noch nicht auf eine Konfrontation ankommen zu lassen. Donovan soll lernen, dass er probieren darf, Fehler und Fehlverhalten werden nicht bestraft. Es wird lediglich wiederholt.

Auch als er einmal versucht, durch Rückwärtsziehen zu entkommen, biete ich keinen Widerstand mehr. Immer dann, wenn etwas nicht so läuft, wie er es will, beginnt er zu scharren. Ein Zeichen von Unsicherheit? Weil er nicht weiß, was ich von ihm erwarte? Ich kann es noch nicht sagen. Wenn dem so ist, dann muss ich den Weg mit aller Ruhe weitergehen, darf die Unsicherheit nicht durch grobe Gesten unterstützen.

Nach 15 Minuten belohne ich ihn, indem ich Halfter und Seil abnehme. Er darf alleine laufen. Der erste Weg führt ihn zum Ködelhaufen von gestern. Er „liest wieder Zeitung“, aber die Nachrichten sind nicht mehr so interessant, Nachrichten von gestern halt.

Nach wenigen Minuten kommt er zu mir. Ich gehe ein Stück in zur Hallenmitte und dann an die Bande. Weil er nicht gleich folgen will, zeige ich wieder mit der Gerte auf seinen Popo – und es funktioniert. Nun gehe ich mit ihm an der Bande entlang, meine Hand auf seinem Mähnenkamm. Auch hier übe ich das Anhalten und wieder Antreten. Zum Anhalten muss ich die Gerte vor ihn halten oder meinen Arm.

Aber ich kann spüren, dass seine Unsicherheit schwindet. Das hat also gut geklappt, ich kriege ihn sogar durch die Ecken durch. Nach zwei Runden mache ich auch hier Schluss. Ich gehe weg und hole Knotenhalfter und Strick. Beide Sachen verstecke ich nicht hinter meinem Rücken, sondern gehe damit forsch auf ihn zu. Er macht keine Anstalten, sich wegzudrehen oder gar wegzulaufen. Auch ein großer Schritt in die richtige Richtung.

Noch einmal führe ich ihn die Bande entlang und versuche nun, ihn etwas schneller gehen zu lassen – ein paar Schritte im Trab, ich will nebenherlaufen. Das geht noch gar nicht. Es regt ihn auf, wenn ich nebenherlaufe. Bin ich schnell, bremse ich ihn aus. Bin ich zu langsam und gerate zu weit neben ihn, fühlt er sich bedroht und versucht sofort, mir den Hinter entgegenzustrecken und mich zu bedrohen. Ich werde es morgen noch einmal versuchen und in großem Abstand auf dem Zirkel mitlaufen. Mal sehen, ober das ertragen kann.

Nun müssen wir wieder Richtung Stall – und aus der Halle raus. Das klappt wieder nicht auf Anhieb. Wieder muss er den Ausgang sekundenlang „abriechen“. Er würde sich auch zu gern wieder an der Tür scheuern. Das darf er natürlich nicht. Und ich fordere ihn nach zwei, drei Versuchen auch gleich mit der Gerte auf, mitzukommen. Auf diese Spielchen will ich mich nicht einlassen.

Als Ritual etabliere ich: Ich führe ihn immer in seine Box bis ans hinterste Ende, mache dann Halfter und Strick ab und lege ein Leckerli in seine Krippe. Wenn er das immer akzeptiert, kann ich ihn auch mal gleich in die Box sperren, falls nötig. Beim Abnehmen des Halfters achte ich darauf, dass er VOR dem Trog wartet, nicht den Kopf schüttelt oder versucht, sich an mir zu scheuern. Er MUSS geduldig stehen, bis ich den Knoten aufgeknüpft habe – auch wenn es mal etwas länger dauert.

Alles in allem bin ich mit den kleinen Fortschritten zufrieden. Wenn es weiter so gut geht, kann ich nächste Woche mit dem Führen nach HSH beginnen und ein „Stell dich gerade“ abfragen. Das mag ihn etwas mehr vom Kopf her beschäftigen. Auch an den Spanischen Schritt denke ich schon, das gibt ihm etwas mehr Arbeit und Kooperation.

Wie ihr seht: Es bleibt spannend!