Regen satt und dösige Pferde

Boah, was für ein Wetter heute! Dauerregen satt. Aber wir haben noch Glück: Weiter im Osten schüttet es schon seit Tagen wie aus Kübeln…

Deshalb musste ich heute auch die Arbeiten am Wall einstellen. Heute früh kündigte sich das Regenwetter mit einer steifen Nordostbrise an. Die Pferde standen über Nacht draußen – wie in letzter Zeit täglich, um sie ein wenig besser vor den Insekten zu schützen, die in diesem Jahr besonders zahlreich alle Tiere quälen.

Als ich zur Weide kam, lagen Donovan und Cera und hielten ihren Morgen-Schönheitsschlaf. Ich habe gerufen, aber der Sturm hat meine Stimme eingeatmet. Ich musste ganz auf die Weide raus. Cera hat mich gar nicht beachtet, Donovan klappte müde beide Ohren zu mir nach hinten. Mehr nicht. Ich habe mich auf ihn gesetzt ihn ein wenig gekrault. Er fand es cool. Neben den beiden schlafenden Pferden standen Dango (natürlich neben Cera) und Rasga (wie immer neben Donovan) und haben Wache geschoben – oder jedenfalls so getan. Asterix stand wie immer abseits.

Dann dachte ich, Cera wolle nun doch aufstehen und bin dann vorsichtshalber auch von Donovan abgestiegen. Nee, Cera wollte sich nur platt auf die Seite legen. Donovan habe ich dann auch auf die Seite gelegt und ihm noch ein bisschen auf dem Bauch gesessen und gekrault. Beide Pferde haben unanständig laut gestöhnt – so als hätte ihr letztes Stündlein geschlagen… Schade, dass ich die Kamera nicht mithatte. Ich hätte das Geräusch gerne aufgenommen!

Als ich Donovan das Halfter übergestreift hatte, musste ich ihn wirklich daran hoch ziehen. Ich wollte wieder in die Wohnung, weil es draußen ganz schön frisch war. Widerwillig stand er auf und trottete mir hinterher – bald dicht gefolgt von Rasga, die ihren "Traumprinzen" nicht alleine lassen kann.

Cera brauchte noch eine Extra-Einladung und kam im Windschatten von Dango angeschlurft, zwischendrin fand auch Asterix seine Box. Alle Pferde bekamen eine ordentliche Portion Heu zur Belohnung.

Lästiges Unkraut

Die ganze Woche bin ich schon damit beschäftig, den langen Wall, der meinen Reitplatz umgibt, zu "ent-krauten". Brennnesseln, Disteln, irgendwelche Unkrautsträucher – und Schlingpflanzen, soweit das Auge reicht, wucher(t)n auf dem riesigen Erdhügel. So hoch, dass es mir schon bis über die Hüfte reichte. Die Stromlitze, die den Reitplatz umgibt, war schon völlig eingewachsen und liefert dann bei Bedarf auch nicht mehr genug Strom.

Mein Chiropraktiker für Donovan und die anderen Pferde hatte mir ja vor rund vier Wochen geraten, "Bergtraining" mit ihnen zu machen. Das sei gut für die Rückenmuskulatur und fürs Gleichgewicht. Als ich erwiderte, ob er schon gesehen hätte, dass ich in der Norddeutschen Tiefebene leben täte, wo so weit und breit kein Hügel hochragte, deutete er ungerührt auf den Wall. Wie wär’s denn damit? Ich sollte doch mal eine "Furt" über den Wall kreieren und mit Donovan und meinen anderen Pferden mehrmals am Tag hinüberklettern: Auf der einen Seite hinauf, auf der anderen Seite wieder hinunter!

Hmm, warum eigentlich nicht? Ich muss ja nur einen Überweg abstecken und mit Elastikband die beiden Seiten absichern und dann vom Reitplatz und vom großen Paddock aus öffnen. Dann könnten die Pferde über den  Wall zur großen Weide laufen. Um aber überhaupt Pfähle einschlagen zu können muss der Wildwuchs gerodet werden.

Erst hatte ich die Idee, dem Unkraut mit meiner elektrischen Heckenschere zu Leibe zu rücken. Funktionierte ganz gut, war aber anstrengend, und überall schleife ich das 60 Meter lange Verlängerungskabel hinter mir her. Lästig. Das Ausreißen des Grünzeugs ist genauso anstrengend, geht aber schneller, weil ich auf kein Kabel achten muss.

Ich kann euch sagen: Brennnessel können sich zusammenfalten und "um die Ecke denken". Egal, wo man sie am Stiel anfasst, sie beugen sich dezent runter, um mich an den Armen oder im Gesicht anzugreifen! Weil es tagsüber in der Sonne recht schwül war, habe ich vor allem in den Abendstunden gearbeitet – bis es dunkel wurde.

Myriaden von Ameisen habe ich aufgeschreckt, war für sie das gefühlte  "Armageddon". Einige vorwitzige Biester sind mir den Arm hochgekrochen, um noch einmal klein, aber kräftig zuzubeißen. Pfui! Genauso hartnäckig wie die Ameisen und die Brennnessel sind die Schlingpflanzen. Da gibt es ganz klebrige mit fiesen kleinen Samen, die besonders gern in Haaren und auf T-Shirts haften. Dann habe ich da noch größere Kriechpflanzen, die wie ein Teppich auf Brennnesseln und Disteln liegen und sich krampfhaft an den Pflanzen festkrallen. Sie haben erbsengroße Früchte, die erst grün, dann rot sind. Aber die kleben wenigstens nicht.

Die auszureißen ist das reinste Anti-Aggressionstraining! Aber immerhin: Bis zum geplanten Überweg ist das grobe Unkraut weg. Jedenfalls auf der Seite, die zum Reitplatz zeigt. Die andere Seite zum Wall hin, schenke ich mir vielleicht aber auch…

Vier mega hoch aufgetürmte Schubkarren mit Unkraut habe ich weggefahren. Das waren locker 10 Kubikmeter! Jetzt jedenfalls kann ich an die Planung für Pfosten und Stromlitze gehen.

Unser Besuch bei der Stutenparade in Ganschow

Stutenparade in Ganschow – im 15. Jahr! Da durfte unsere kleine Stalltruppe natürlich nicht fehlen! Reitschülerin Rita hatte mich schon vor vielen Wochen auf die Idee gebracht, einmal Ganschow zu besuchen, und so hatte ich diese Veranstaltung schon vor fast drei Monaten "ins Programm" genommen und die Karten bestellt. Gestern war es dann endlich so weit.

Ganschow2

Lauter fröhliche Gesichter. Von links: Annette, Sabrina, ich, Karin und Gabi. Christina und Elsa sind nicht auf dem Bild, das Sabrinas Freund mit Annettes Kamera für uns schoss…

Ganschow3

Sehen wir mit den neuen Jacken nicht richtig professionell aus? Wir haben allemal die Blicke der anderen Besucher auf uns gelenkt!

Aber der Reihe nach: Wir sind in absolut strömenden Regen hineingefahren. Es schüttete aus Kübeln! Aber: Je weiter wir nach Osten kamen, desto mehr klarte es auf. Und In Ganschow selbst (war gar nicht so leicht zu finden, und ich bin auch nicht sicher, dass ich die kürzeste Strecke gefahren bin!) war zwar recht windiges, aber Gott sei Dank trockenes Wetter. Wir trudelten gegen 11.00 Uhr auf dem Festplatz ein.

Nach einer kurzen Besichtigung der Ställe, der vielen Jungpferde und des einzigen Standes mit Reitsportartikeln haben wir uns erst einmal gestärkt: Spanferkel mit Sauerkraut. Echt lecker und günstig.

Während wir unsere Essenpause machten, füllte sich der Platz zusehends. Beginn der Parade war 13.00 Uhr, und es wurde auch wirklich pünktlich angefangen.

Nach einer kurzen Eröffnungsrede, Begrüßung und dem Vorstellen einiger Pferde und Reiter kam für mich gleich das Highlight des Tages, Programmpunkt 2: Ein Deckhengst (ich glaube, es war "Donautraum") lief, weiß bandagiert, frei in der Bahn. Was rede ich, "schwebte" frei in der Bahn, während ein Trompeter in der Mitte des Platzes ein Solo spielte.

Ein stilles, berührendes und dennoch unglaublich beeindruckendes Bild. Was für ein Pferd! Der Hengst galoppierte majestätisch über den Platz. Er buckelte nicht, scheute nicht – er präsentierte sich!

Die zweifellos spektakulärste Nummer war die mit dem Riesen-LKW und dem Gespann. Die Leute, die schon letztes Jahr auf der Stutenparade waren, kennen die Nummer, die unter dem Motto "Grenzenloses Vertrauen" stand:

Der LKW fährt einmal um den Platz, bleibt stehen, und ein Trecker mit Frontlader bringt eine Riesenrampe herbei, die hinten angestellt wird. Dann gehen die Türen auf und ein Vierspänner fährt herunter. Er dreht ein paar gekonnte Runden auf dem Platz – und fährt die Rampe hinauf wieder in den LKW hinein! Dann soll der Laster vom Platz gefahren werden – aber er streikt! Motorschaden? Der Kommentator blieb gelassen. Egal, wir fahren mit dem nächsten Programmpunkt fort!

Ca. 20 freilaufende Junghengste – einer schöner als der andere – galoppierten über den großen Platz. Die Helfer hatten Mühe, die quirlige Bande im Zaum zu halten. Dann öffnete sich das Riesentor zur großen Weide, und die Herde galoppierte vorbei an dem großen Laster ins Grüne.

"Wir müssen die Kutsche ausladen, um den LKW vom Platz ziehen zu können", tönte es aus dem Lautsprecher. Ich dachte mir noch: Wie soll die da jetzt runter kommen? Rückwärts? Das geht doch gar nicht. Na ja, was soll ich sagen: Die Rampe wurde flugs wieder angestellt, die Türen geöffnet und das Gespann trabte rasant herunter – vorwärts! Und: Es waren nicht mehr vier Pferde, sondern sechs!, die angespannt waren…

Der Defekt des Lasters gehörte also mit zum Programmpunkt, und die Helfer hatten im LKW doch tatsächlich die vier Pferde abgeschirrt, die Kutsche gedreht, die Pferde wieder davor gespannt und außerdem noch die beiden Pferde zusätzlich angespannt, die von Anfang an im LKW ausgeharrt hatten. Dass die von nunmehr sechs Pferden gezogene Kutsche wieder vorwärts die Rampe hinauffuhr, muss ich wohl nicht extra erwähnen… Das war wirklich eine Meisterleistung, von Fahrern und Pferden!!!

Es folgten noch drei weitere Programmpunkte, ehe es in eine halbstündige Pause ging. Die nutzten wir für einen Kaffee, ich habe mir noch eine Bratwurst geholt, und Elsa? Die entdeckte am Pferdezubehörstand das:

Ganschow1

Artur! Den hat sie mir geschenkt – eine schnuckelige Handpuppe, die unglaubliche Gesichter ziehen kann. Mal sehen, was ich mit Artur noch so alles anstelle. Sieht er nicht wirklich herzallerliebst aus?

Gleich nach der Pause gab es ein weiteres Highlight: eine Fahrquadrille aus 16 Kutschen! Zum Abschluss bildeten die Kutschen eine großen Zirkel in der Mitte des Platzes, und während die Fahrer im Kreis fuhren, kamen so an die 30 Jungpferde herein galoppiert, angeführt von der tollkühnen Reiterin Tina Rother, die der Herde als "Leitstute" voran galoppierte und zwar immer um den Ring aus Kutschen herum. Das alles im wilden Galopp, mehrere Minuten lang, ehe sich wieder das große Tor zu den Weiden öffnete, und alle – Tina Rother wieder vorweg – hinausstürmten. Die Frau ist wirklich mutig!

Der vorletzte Programmpunkt des Tages war die Verlosung des Fohlens. Obwohl wir alle ein Los gekauft hatten, gingen wir doch (Gott sei Dank?) leer aus…

Der krönende Abschluss war wie jedes Jahr der Aufmarsch von 100 PS: An die 100 Pferde, die frei galoppierend über den Platz jagten, bis auch sie durch das große Tor auf die Weiden stürmten. Man kann sie von der Tribüne aus eine ganze Weile mit den Augen verfolgen, ehe sie am Horizont verschwinden, denn Weide gibt es dort so weit das Auge reicht…

Auffällig war: Alle Pferde waren in einem außergewöhnlich gutem Zustand, keine Schrammen, keine Verletzungen, keine Rangeleien untereinander – und das trotz der lauten Musik und der vielen Menschen. Meine Pferde wissen ja gar nicht, in welch einem Sanatorium sie leben…

Alles in allem war es ein gelungener Tag, wenn auch sehr anstrengend – schon allein wegen der fast dreistündigen Autofahrt sowohl auf dem Hin- als auch auf dem Rückweg. Und wir waren uns wieder alle einig, dass wir so eine Veranstaltung noch einmal besuchen wollen, vielleicht ein wenig mehr in unserer Nähe…