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Porträt Donovan

28. Mrz. 2009 | Pferde in meinem Stall

Das ist Donovan. Er hatte am 9. Januar Geburtstag und wurde da genau vier Jahre alt.

Was ich über ihn weiß:
Er ist ein Trakehner russischer Abstammung und wurde in Bayern geboren.

Als Absetzter wurde er von dem namhaften Trakehner Züchter Cees van de Ree (http://www.gestuet-hellerholz.com/) aufgekauft und nach Alvesloe (nördlich von Hamburg) gebracht. Mit vielen anderen Hengstfohlen seines Jahrgangs ging es von hier nach Holland auf die großen Aufzuchtsweiden. Dort verbrachte er die ersten drei Jahre seines Lebens in einer Hengstherde von ca 40 Jungtieren.

Die Pferde wachsen dort ohne Eingreifen des Menschen auf. Es wird nach ihnen gesehen, sie werden entwurmt und geimpft, aber es wird nicht mit ihnen umgegangen. Dafür sind es einfach zu viele.

Im Herbst 2008 wurde er eingefangen und zusammen mit sieben Kumpels im Pferde-LKW wieder nach Alveslohe gebracht. Eine Woche später wurde er gelegt und bei der Gelegenheit gleich gründlich untersucht, inklusive Röntgen-Check. Bestätigung vom Tierarzt: 1-A gesund!

Was jetzt kam, ist ihm möglicherweise in nicht so guter Erinnerung: Da sich ein rohes, ungestümes Pferd schlecht verkauft – dafür wurde er ja gezüchtet – sollte er anlongiert und angeritten werden. Leider in der Manier, wie es unter Dressurreitern immer noch üblich ist: Tüchtig anlongieren, Sattel drauf, Bereiter drauf – und ab geht die Post.

Und das tat sie dann auch. Laut Zeugenaussagen hat es den Bereiter keine 6 Sekunden auf dem Pferd gehalten. Als auch ein zweiter Versuch scheiterte, hat man von weiteren Versuchen abgesehen und Donovan (zwischenzeitlich hatte man ihn auch „Diabolo“ getauft…) als ungerittenes Pferd im Internet annonciert.

Hier habe von meiner Nachbarin, die selbst eine Zuchtstute dort auf dem Hof stehen hat und ihn ein wenig mitbetreut hat, von ihm erfahren. Inzwischen war der Verkauf des Tieres zur Eilsache geworden. Zehn Mutterstuten waren kurz vor ihrem Abfohltermin, Arbeitskräfte knapp, das Wetter allgemein zum fürchten. Deshalb kam Donovan auch nur stundenweise in einen völlig verschlammten Auslauf oder mal für eine halbe Stunde in die Halle, während seine Box gemistet wurde.

Hmmm, ein rohes Pferd, mit dem noch nicht richtig was gemacht wurde und zudem extrem günstig in der Anschaffung? Eigentlich ein Pferd, das ich suchte, um es strikt in der HSH-Methode auszubilden. Der Zeitpunkt hätte gern ein halbes Jahr später sein dürfen – aber man muss Gelegenheiten beim Schopfe packen. Und so habe ich ihn gekauft.

In Alvesloe fand ich Donovan als ziemlich wild und unerzogen. Führen war nur durch Hinterherschleifen möglich. Kaum in der Halle angekommen musste ich mich beeilen, ihn loszulassen, um nicht mitgerissen zu werden – so ist er auf und davon gestürmt, hat Kapriolen geschlagen, gebuckelt, die wildesten Bocksprünge gemacht und ist wie ein Besessener gelaufen.

O je, dacht ich so, ober der Kauf eine gute Entscheidung war? Würde ich ihn zu Hause bändigen können? Wie jemals die Leinen um seine Hinterbeine herumführen, ohne dass er mir die Beine um die Ohren haut? Das Zurück zum Stall war ebenso aufregend. Der Versuch, ihn zwischendurch am Wegrand etwas grasen zu lassen, scheiterte beinah einer auffliegenden Taube. Überhaupt hatte Donovan keinen Sinn fürs Grasen, sonder starrte angestrengt in der Gegend herum, ob er für sich etwas aufregendes entdecken würde. Beim Gehen stieß er ungewohnte Grunzlaute aus, die mir ganz klar zeigten, in welcher Anspannung der kleine Kerl war.

Aber was soll ich sagen? Ich schreibe dieses Porträt, nachdem er seit einer Woche bei mir steht. Nach anfänglicher Scheu und etwas Unsicherheit, entwickelt sich Donovan zu dem bravsten, einfachsten Pferd, das ich je hatte. Kein ungebührliches Wegstürmen, kein „über-den-Haufen-gerannt“-werden, kein Gezicke mit den anderen Pferden. Und selbst meine beiden Stuten, die innerhalb von drei Tagen gemeinsam rossig wurden und sich ihm völlig unanständig aufdrängen, umsorgt er, ohne Anstalten zu machen, sie zu bespringen oder anzugiften.

Donovan ist ein vorsichtiges Pferd. Alles neue wird intensivst in Augenschein genommen, mit Nase, Ohren und Maul untersucht, um dann als „ok, kenn ich jetzt“ gespeichert zu werden. Die Arbeit mit ihm macht ungemein Spaß, und Donovan scheint sich zu freuen, Aufgaben gestellt zu bekommen. Er scheint auch ein recht intelligenter Bursche zu sein. Neue Lektionen lernt er in wenigen Wiederholungen.

Na, mal sehen, wie er sich diesen Sommer über entwickelt.
Tangstedt, im März 2009