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Zeigt her eure Zähne…

15. Nov. 2014 | Stallgeflüster

Gruseltag für unsere Pferde im Stall: Der Zahnarzt war da. Eigentlich sind wir ja bei einem ganz anderen Pferdedentisten, aber der hat sich leider seit Ostern nicht blicken lassen, sich auf meine zahllosen Anrufe auf die Mailbox bis heute nicht gemeldet. Schade eigentlich. Er hätte ja wenigstens absagen können… Egal. Jetzt wurde es (besonders für Rasga und Dango) dringend.

Ich machte einen Termin mit Jan Fiedler. Er ist Tierarzt und hat sich auf Zähne spezialisiert. Seine Frau Petra Scherer (ebenfalls Tierärztin) behandelt mit Akupunktur und Homöopathie. Ein Paar also, das ganzheitlich denkt und arbeitet. Ich kannte Jan bisher nicht persönlich, habe aber nur Gutes über ihn gehört. Und um es gleich vorweg zu nehmen: Es war eine gute Wahl! Solltet ihr mal einen guten Zahnarzt suchen…

Leider fiel das Untersuchungsergebnis für Dango und Rasga weniger gut aus: Dango hat(te) zwei wackelige Backenzähne, bei Rasga ist die ganze Vorderzahnreihe wie Kraut und Rüben und obendrein lose!

Ich habe während der Behandlung versucht zu filmen, aber die schlechten Lichtverhältnisse haben nicht wirklich viel hergegeben. Ich habe trotzdem ein paar Fotos rausgezogen, damit ihr einen Eindruck bekommt.

Als erstes Pferd war Cera (steht von hinten gesehen in der ersten Box) an der Reihe. Davon gibt es keine Bilder, weil ich die Kamera noch nicht dabei hatte. Bei Cera wurden zunächst die Schneidezähne oben und unten gekürzt und berundet. Ihre vordersten Zähne waren länger als die Eckzähne, dadurch hatten die Backenzähne nicht den richtigen Kontakt. Sie hatte vor allem auf der rechten Seite Zahnhaken und einen schlechten Winkel ihrer Kauleiste zum Kieferngelenk. Das wurde korrigiert. Bin mal gespannt, ob wir da eine Verbesserung beim Reiten feststellen.

Pferd Nummer 2 war Thirilou. die habe ich nicht gefilmt, weil es ja nicht mein Pferd ist und außerdem war sie völlig unspektakulär in der Behandlung bzw. in ihrem Befund. Aber das sollte ja auch noch so sein bei einem fünfjährigen Pferd.

Der nächste im Bunde war Dango:

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20141114121610-(1) Hier sieht man ganz deutlich seine nach rechts gewachsenen Schneidezähne. Das ist im Laufe vieler Jahre entstanden und kann nun natürlich nicht mehr korrigiert werden. Die Front wurde aber wie bei Cera so gut es geht begradigt.
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Immer noch Dango: Er hat in der oberen rechten Reihe ein Loch im Zahn: Karies! So sieht es nach dem Herauspuhlen der Essensreste aus. Da wird sich immer etwas reinsetzen, das kann man nicht verhindern. Jan hat allerdings die gesamte Reihe glatt geraspelt.
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Was für den armen Kerl viel schlimmer ist: Beide ersten Backenzähne im Unterkiefer waren lose. So lose, dass Jan sie ziehen musste. Hier werden sie gerade mit einem Instrument etwas angelöst… Er hat mich vorher fühlen lassen. Ich konnte sie wirklich von Hand hin und her wackeln… Hier seht ihr die große Zange im Einsatz, die den ersten Zahn herausholt.
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Da kann ich nur sagen: Willkommen im Klub! (Jeder, der MEINE Zahngeschichte verfolgt hat, versteht das!) Dango darf vier Wochen lang kein Körnerfutter fressen, und wir sollen ihm ebenso lange auch kein Gebiss ins Maul legen!

Die letzte im Bunde “meiner” Pferde war Rasga. Auf dem rechten Bild wurde sie gerade sediert. Manuel hält ihren Kopf, damit sie nicht umkippt. Und Rasga freut sich über den Beistand.

Rasga ist ja die älteste von allen Pferden bei mir (bald 21 Jahre), und ihre Zähne sind ihrem Alter entsprechend lang.

Da ist der erste der beiden Backenzähne. Man erkennt gut, wie kurz die Wurzel nur noch ist, und dass ein Teil abgebrochen ist. Das musste der Zahnarzt extra “rausfischen”. Die andere Seite ging auf einen Rutsch und viel leichter.

Die Zähne werden ihm auch beim Reiten Probleme bereitet haben, denn er wird ihm sicher unangenehm gewesen sein, wenn da mal das Gebiss gegen gekommen ist. Und auch das Kauen wird ihm nicht immer leicht gefallen sein. Gemerkt habe ich aber nie etwas. Nun hat Dango links und rechts unten zwei Löcher.

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Rasga hat außerdem mit Zahnstein zu kämpfen. Der hat dafür gesorgt, dass sich das Zahnfleisch etwas zurück gebildet hat. Ihr geht es da wie uns Menschen: Zu wenig Zahnfleisch = Zu wenig Halt für die Zähne. Alle Frontzähne sind ein wenig wackelig, ganz besonders die beiden äußeren.
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So kam nur die Schleifscheibe zum Einsatz, die alle Frontzähne auf eine Länge gebracht hat, damit die Backenzähne wieder gut mahlen können. Bei dieser Aktion ist sie dann doch einen Seitenzahn oben verlustig gegangen. Den hat Jan von Hand mit einer kleinen Zange herausgeholt. Die Zahnwurzel war wie bei Dango abgebrochen und nicht mehr durchblutet – aber schon vor längerer Zeit. Deshalb war der Eckzahn so marode.

Jan sagte, er könne die Frontzähne alle ziehen, ginge ganz leicht. Nein, das wollte ich auf keinen Fall. Denn dann hat Rasga ja auf der Weide Probleme, genug Gras aufzunehmen, wenn es kurz gefressen ist und sie es nicht mehr mit den Lippen abzupfen kann.

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20141114125131-(1) Während wir uns alle vor Rasgas Box tummelten und fasziniert bei der Arbeit zusahen, “kümmerte” sich Donovan um den noch taumeligen Dango. Der war auf dem Paddock ausgesperrt, damit er kein Heu frisst, ehe er komplett aufgewacht ist.

Hingebungsvoll hat er ihm das blutverschmierte Maul geleckt. Das finde ich ziemlich ungewöhnlich, weil ja Pferde Blut nicht ausstehen können…

Gern hätte ich auch noch das Innere von Rasgas Maul gefilmt, aber da hat die Kamera aufgegeben. Bei der feuchten Kälte war der Akku leer. Es kamen dann noch Manuels Pferde dran. Auch die wurden ausgiebig begutachtet und zahntechnisch “gerade gerückt”.

Die Bilder sehen ganz schön bedrohlich aus, es wirkt so, als seien die Pferde am Kopf aufgehängt. Aber dem ist nicht so. Jan Fiedler sediert die Pferde nach der Erstuntersuchung. Ich bin davon nicht so sehr ein Freund, weil ja jede Sedierung – gerade bei alten Pferden – auch seine Risiken birgt und man so aufpassen muss, dass die Pferde auch wirklich wieder wach sind, ehe sie ans Heu gehen.

Im Nachhinein bin ich über die Sedierung froh. Es war ein viel friedlicheres Arbeiten und für die Tiere deutlich stressfreier. Weil die Pferde im “Mir-ist-alles-egal-Modus” ihren Kopf nicht hoch halten können, gibt es einen dick gepolsterten Galgen, der am oberen Türrahmen aufgehängt wird und in der Höhe bequem verstellbar ist. Da können sich die Pferde mit dem Kopf abstützen, müssen sich nicht selber tragen. Jan sitzt bequem auf einem Hocker, eine helle LED-Leuchte auf dem Kopf und kann wirklich in den hintersten Winkel gucken. Alle Instrumente, die er braucht, hat er als Vorsatz seiner Maschine, die in einem rollbaren Schrank untergebraucht ist. Entsprechend handlich ist das Teil, und Jan muss keine schwere Bohrmaschine halten.

Ich kann mit Sicherheit sagen, dass die Zähne MEINER Pferde noch nie so gründlich bearbeitet wurden. Zudem mit unglaublicher Ruhe. Selbst Thirilou, Manuels Trakehner-Stute, die ja vor Spritzen so eine Angst hat, dass sie sich nicht scheut, die Wände hoch zu gehen, ließ sich von Jan überlisten. Er war von 9.00 Uhr morgens bis kurz nach drei bei uns, und trotzdem bekam auch das letzte Pferd noch seine volle Aufmerksamkeit und Zeit.

Ich hatte meinen Reitschülern ja schon angekündigt, dass die Pferde auf Grund der heutigen Behandlung morgen nicht geritten werden können. Für Dango und Rasga wird die Pause noch ein paar Tage länger andauern müssen. Die Wunden der Zahnlücken müssen etwas abheilen.

Außerdem heißt das für Dango: Er darf für gut vier Wochen kein Körnerfutter fressen (es könnte sich in den Löchern festsetzen), und er muss für die Zeit gebisslos geritten werden.

Das ist doch für uns eine nette Herausforderung, das mit dem gebisslos reiten noch einmal aufzugreifen. Einen passenden Zaum habe ich ja schon im vorletzten Sommer gekauft und ihn einige Male damit geritten. Er sprach darauf aber nicht so gut an, wie Rasga. Deshalb hatte ich die Idee dann wieder verworfen. Aber nun werden wir dazu gezwungen! Also Angela: Wir stellen uns der Herausforderung! Smiley

Ich hatte schon vor Tagen alle Reitschüler eingeladen, bei der Behandlung zuzusehen. Aber kommen konnte dann leider nur Gesine. Zusammen mit Anna haben beide die Boxen gemistet, während die Pferde auf den Balkonen ihren Rausch ausschliefen.

Ich empfand den Tag als ungemein anstrengend. Es war feucht-kalt, ich habe so gefroren. Da halfen auch die Becher heißen Kaffee nicht, die ich für Herrn Fiedler und uns gekocht hatte. Zwischendurch habe ich ein bisschen Mist geschaufelt, mit den Hunden gespielt und Tee gekocht. Trotzdem konnte ich nicht recht war werden.

So habe ich am späten Nachmittag ein kochend heißes Bad genommen und mich mit der Wärmedecke im Bett aufgeheizt. Einkaufen war ich am Abend auch noch, ehe es eine Kontrollrunde im Stall gab. Alle Pferde waren wieder wohlauf und freuten sich auf ihr Abendheu. Aus Solidarität gab es für keinen Kraftfutter. Sie werden es überleben.

Vielen Dank an Jan Fiedler für die tolle Arbeit und den freundlichen Umgang. Und dafür, dass er uns wirklich alles haarklein erklärt hat.