Weil die Pferde heute eh alle "durch den Wind" waren, beschloss ich, sie einzeln auf dem Reitplatz laufen zu lassen.
Mit Cera fing ich an. Die hatte ja schon zuvor auf dem Paddock ihrer Lebensfreude mit gewaltigen Bocksprüngen Luft gemacht. So benahm sie sich auch auf dem Reitplatz. Galoppieren, bocken, toben. Cera hat den ebenen, griffigen Boden des Reitplatzes und die frische Luft sichtlich genossen. Wenn ich rückwärts laufe, kann ich sie auch im Trab, manchmal im Galopp zu mir rufen. Dann lässt sie sich streicheln. Aber sie wartet nur auf ein kleines Handzeichen von mir, um wieder in wilden Sätzen davon zu stürmen. Und ich glaube, sie grinst, wenn sie das tut.
Ganz anders war Donovan drauf. Von dem hätte ich ja noch am ehesten "wildes Verhalten" erwartet. Aber der schwarze Kerl überrascht mich doch immer wieder neu. Brav und gesittet ging er ohne Halfter und Longe neben mir her, ließ sich anstandslos antraben und lief auf einem kleineren Zirkel um mich herum. Und das, obwohl überall Sachen umher wehten. Ich konnte ihn angaloppieren, anhalten, Hand wechseln. Donovan benahm sich wie ein Musterschüler. Es sind diese Begegnungen, die mir Freude machen und mich darin bestärken, es weiter mit ihm zu versuchen, nicht frustriert aufzugeben.
Anton dagegen markierte voll "den Macker". Auch er genoss die Weite des Reitplatzes und hat wie ein Halbstarker seine Kräfte ausgespielt. Bei mir bleiben wollte er nicht. Er wollte galoppieren. Und was hat er für eine tolle Galoppade bekommen. Wie unglaublich kraftvoll setzt er inzwischen seine Hinterhand ein, um zuzulegen. Und mit welcher Geschwindigkeit! Ich glaube, er ist im Moment das schnellste Pferd bei uns im Stall. Seine Aktionen begleitet er immer mit einem lauten Juchzer. Genauso schnell lässt er sich wieder anhalten und kraulen. Es hat Freude gemacht, ihm dabei zuzusehen!
Dango ist ja der älteste in der Runde. Er wird dieses Jahr schon 15 und kann über das "Gepolter" der Jungs nur den Kopf schütteln. Er trabte gemächlich seine Runden, legte auch ein paar Galopp-Reprisen ein, brauchte dafür aber die Aufforderung. Er hat immer noch ein wenig Bedenken, ob ihm nicht doch irgend etwas Schlimmes passiert, wenn ich mit der langen Bahnpeitsche in der Mitte der Bahn stehe. Ich bin viel mit ihm im Schritt nebenher gegangen, habe ihn gekrault und versichert, dass er ein tolles Pferd ist.
Ist schon spannend zu beobachten, wie unterschiedlich meine vier Pferde sind, wie unterschiedlich sie sich benehmen und auf mich reagieren.
Die folgenden zwei Stunden – es wurde schon dämmerig – verbrachte ich mit dem Versuch, die Fellnasen zu putzen. Na ja, eigentlich ein fast vergebliches Unterfangen. Dreckklumpen vom Paddock, Haare überall, Urinflecken und das unglaublich dicke Puschelfell erschweren die Arbeit ungemein. Ich freue mich schon auf das glänzende Sommerfell, aber das wird noch ein paar Wochen auf sich warten lassen.